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Horologen an der Thaya

Hier im hohen Norden Österreichs, dem Thayatal, einer uralten Grenzregion an welcher sich Burgen und Ruinen wie an einer Perlenkette aneinander reihen trat um 1680 erstmals ein Horologe – ein Uhrmacher in Erscheinung. Dies war die Geburtsstunde des Horologenlandes, dessen wechselhafte Geschichte sich bis ins hier und jetzt zieht. Doch aus welchem Grund entwickelt sich ausgerechnet in einer so abgelegen Gegend wie dem Thayatal eine bis weit über die Landesgrenzen bekannte Uhrenindustrie? Wenn wir andere Uhrmacherregionen in Europa unter die Lupe nehmen, stellen wir fest, dass sich einige Parallelen finden. Ob im Schwarzwald, dem Schweizer Jura, Glashütte oder dem Waldviertler Horologenland rund um Karlstein, es handelt sich stets um abgelegene Gebiete fernab der großen Zentren. In diesen Regionen, in welchen die Landwirtschaft nur geringe Erträge zuließ, suchten die Bauern vor allem für die langen Winter eine Zuverdienstmöglichkeit und diese fanden sie im Bau einfacher hölzerner Uhren. Die Konstruktionen waren simpel, aber robust. Anfangs mit Waagbalken und hölzernen Rädern, später mit Pendel und Messingrädern entwickelten sich die Uhren langsam aber stetig weiter. Um 1840 wurden bis zu 140000 Uhren jährlich produziert.

Um einer Krise der Karlsteiner Uhrenindustrie entgegenzuwirken wurde 1873 die heute noch bestehende K.u.K. Fachschule für Uhrenindustrie ins Leben gerufen. Mit dem Aufkommen der Schule hob sich die Qualität der Karlsteiner Erzeugnisse und neue Unternehmen wurden gegründet. Schon nach wenigen Jahren konnte sich die Schule aufgrund ausgezeichneter Leistungen einen hervorragenden Ruf aufbauen und wurde zur europaweit anerkannten Institution. Als einzige Schule ihrer Art in Österreich-Ungarn hatte sie ein riesiges Einzugsgebiet und zog Koriphäen aus ganz Europa an. Zu dieser Zeit wurden von den Karlsteiner Betrieben nicht nur preiswerte Gebrauchsuhren gebaut, sondern auch Uhren welche den Vergleich mit den Besten der Welt nicht zu scheuen brauchten, wie zum Beispiel die Regulatoren des Anton Baronek.

Der erste Weltkrieg, die schwierigen Jahre der Zwischenkriegszeit, der Börsenkrach von 1929 und der zweite Weltkrieg hinterließen ihre Spuren im Horologenland. Ein Großteil der Betriebe musste ihre Pforten schließen und auch die Zukunft der Schule war ungewiss.
Im 21. Jahrhundert spürt man in Karlstein immer noch den Geist vergangener Tage, auch wenn leider nicht viel der großen Uhrmachertradition den Weg in die Gegenwart gefunden hat. Zwei ehemals in der Uhrenproduktion tätige Unternehmen sind heute noch tätig, doch stürmische Zeiten veranlassten sie sich andere Verdienstmöglichkeiten als die Uhrmacherei zu suchen. Neben der Schule befindet sich auf dem Hauptplatz des kleinen Marktes das sehr sehenswerte Uhrenmuseum, welches mit zahlreichen Exponaten aus der wechselvollen Geschichte der Karlsteiner Horologen aufwartet. Ein weiteres Museum befindet sich im ca. 12 km entfernt gelegen Dietmanns im Bandlkramerlandl – die Eichkundliche Sammlung Wagner, welche ebenfalls eine umfangreiche Uhrensammlung aufweist.

Doch wo sind sie hin, die vielen fleißigen Horologen, Heimarbeiter, Dreher und Gestellmacher? Die Wirren des 20. Jahrhunderts haben zwar Karlstein und auch Wien seiner Uhrenerzeugung beraubt, doch können wir dennoch auf eine stolze Geschichte zurückblicken und an diese anschließen. Dies geschieht nun acht Kilometer vom einstigen Zentrum des Horologenlandes entfernt in Raabs an der Thaya. Hier entstehen nach alter Väter Sitte in Handarbeit feinste Zeitmesser, welche nicht nur die Tradition dieses Handwerks hochhält sondern auch das nächste Kapitel in der Geschichte österreichischer Haute Horlogerie schreiben.

 

 

 


Bernhard Wagner, Uhrmachermeister
Oberndorf 24, 3820 Raabs an der Thaya, 0676 / 7584726, info@uhrmacherkunst.at

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